Unter der Kategorie „Blitzlicht“ schreibe ich nach jeder Therapiestunde, einen Gedanken, eine Situation, einen Satz oder irgendetwas, was mir „danach“ noch im Kopf herumgeistert und ein Ventil braucht.
Es ist die Therapie, auf die ich solange gewartet habe, weil ich glaube, dass sie mir hilft, mit der Diagnose „Depression“ vernünftig umzugehen und große Abstürze in kleine verwandelt.
Großes Thema heute „Risikoforschung“.
Hatte ich schon erwähnt, dass der Therapeut ein bissel „wissenschaftsverliebt“ ist?
Es gab ja letztens eine ganze Stunde Fragebogenauswertung mit lauter Zahlen, Punkten und Diagrammen.
Mich hatte nicht wirklich interessiert wie meine Fragenbogen-Antworten in Kurven ausgedrückt aussehen.
Aber egal.
Er mag es.
Wenn es ihm hilft, mich zu analysieren, bitteschön.
Heute nun Risikoforschung.
Seine Aussage: Der Mensch ist NICHT in der Lage vernünftig und realistisch mit Angst und den eventuell eintretenden Schaden umzugehen.
Kann er nicht.
Punkt.
Beispiele:
- In Australien werden jährlich 4 Menschen von Haien getötet, 486 sterben durch defekte Toaster.
Wovor haben Menschen mehr Angst? Vor Haien oder Toaster? - Viele Deutsche halten BSE noch immer für gefährlicher als das Rauchen. (Dieses Beispiel stammt aus der Zeit, als ganz Deutschland Angst hatte, Rindfleisch zu essen, weil sie dann an Alzheimer erkranken können – ist schon eine Weile her) An BSE starben in den letzten 30 Jahren 140 Menschen (gleichviele wie durch versehentliches Trinken von Lampenöl), an Rauchen ca. 140.000 je Jahr plus 3.300 am Passivrauchen. Wovor haben die Menschen mehr Angst, vor BSE oder Rauchen?
- Statistiken der OECD zeigen, dass Menschen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren in Industrieländern öfter durch Suizid sterben als durch Verkehrsunfälle. Wovor haben wir mehr Angst, dass ein Angehöriger sich das Leben nimmt oder bei einem Verkehrsunfall stirbt?
Noch eine Tabelle:
Beispiel | Schadensgröße | Eintrittswahrschein-lichkeit | Angst |
Kernkraft-GAU | besonders verheerend | äußerst unwahrscheinlich | unverhältnismäßig groß |
Terror | schätzbar | unklar | diffus |
Klimawandel | extrem groß | sehr wahrscheinlich | erst in ferner Zukunft |
Chemikalieneinsatz in Umwelt (Landwirtschaft) | schwer einschätzbar | allgegenwärtig | wenig |
Diese ganzen Daten hat Herr M. aus der Zeitschrift „Geo“.
Was sagt uns das ganze?
Um die Dinge, die uns wirklich Angst machen müssten, scheren wir uns wenig, aber die Sachen, die äußerst unwahrscheinlich sind, machen uns große Angst.
Und was hat das mit mir zu tun?
Nichts. …
Warum bespricht er es mit mir?
Weiß ich nicht.
Ich habe keine Angstproblem.
Fazit: Stunde verschenkt. (Nach meinem derzeitigen Erkenntnisstand, vielleicht will er etwas darauf aufbauen. Keine Ahnung.)